Sonntag, 27. Januar 2019

Wie alles begann… Sparmaßnahmen

Teil 7 - Auf- und Ausbau der Sammlung
Trotz meiner kleinen Geschäfte mit An- und Verkauf, dem Schreiben für die Fachmagazine und der nicht gern gesehenen Weitergabe der gebrauchten Rezensionsexemplare, reichte das Budget nicht für eine vollständige Hit Comics-Sammlung. Die frühen Exemplare waren einfach zu kostenintensiv und auch nicht überall verfügbar. Ebay? Da tauchten zwar viele farbige bsv-Superhelden auf, doch bei den Heften mit schwarzweißem Inhalt sah es mau aus. Blieben nur die Händler. Sammlerecke Esslingen, Comic-Mafia Bremen, das waren die Hauptanlaufstellen.

Während es in Holland untere Hit bzw. Hip Comics-Nummern schon ab 20-25 EUR gab - das sind die Hit Comics, die zeitgleich im Druckverbund erschienen und bis auf den Landestext mit den deutschen Ausgaben identisch aussehen - lagen die Preise für manche deutschen Ausgaben im zwei- bis vierstelligen Bereich. Das sprengte meine geringfügigen Einnahmen und lag außerhalb des Machbaren.

Ich hatte mich durch die Klonsaga bei Panini gelesen, mit all ihren Spider-Man Sonderbänden, Scarlet Spider, Ben Reilly und natürlich den ganzen regulären Serien. Diese Hefte gab es zuhauf und auf Börsen oder beim Händler teilweise ab 1 EUR. Das war bezahlbar. Die Condor-Sammlung hatte ich durch Ankäufe in Nürtingen um Alben und Taschenbücher erweitert. Obwohl es da immer wieder zu Diskussionen kam, ob der "halbe Preis" nach dem aufgedruckten oder dem aus der Sammlerecke-Versandliste berechnet würde. Je nach Mitarbeiter und Sympathie gegenüber dem Kunden, also mir, sowie Menge an Material, das eh kaum einer wollte, fiel der Verkaufspreis gegenüber den Angaben im Hit Comics-Magazin meist günstig aus.

Recherche-Material zu Blueberry, Storm und Co. zog ich dort ebenfalls aus den Kisten. Phantastic-Comics, Edelwestern oder Comics Unlimited hatten meist diese gelben Verlagspreisüberkleber, aber waren erschwinglich. Sogar ein paar Koralle-Alben von Blueberry, Luc Orient und Rick Master gab es zum kleinen Preis. Auch die Carlsen-Pockets und die Pocket Comics von Ehapa lagen wie Blei. Für die Gaston-, Spirou- und Blueberry-Bibliografien jedoch unverzichtbar. Jeremiah, Andy Morgan und selbst die querformatigen Flash Gordon-Luxusausgaben von Carlsen liefen durch meine Hände. Klasse, Masse und bezahlbar. So machte das Comic-Sammeln, Lesen und Auswerten Spaß.

Aber ich hatte immer noch das Problem mit den teuren oder nicht verfügbaren Hit Comics des bsv. Mein Dad musste ran. Er hatte geschäftlichen Zugang zu einem Kopierer. In zwei Nacht- und Nebelaktionen gab er den ihm bekannten Zugangscode seines Chefs ein, der wie mein Vater sagte, eh am meisten von Allen kopierte, und der Inhalt von Hit Comics Nr. 1-59 war gesichert. Mit einer immensen Feinstaubbelastung unserer beider Lungen, mehrfachem Tonerwechsel und einem Stapel von 1652 Din A4-Blättern zogen wir von dannen. Was für ein Aufwand, aber so konnte ich die teuren Hefte wieder verscherbeln. Denn die bunten Cover liefen zuhause durch den Scanner.

Leider fehlte auch das Budget für mein technisches Equipment und die Titelbilder brauchten nicht nur eine gefühlte Ewigkeit bis sie digital vorlagen, sondern hatten auch nur 150dpi Auflösung und wiesen teils heftige Moiré-Effekte, also Musterüberlagerungen, auf. Erst Jahre später konnte ich den Großteil der digitalen Bilder austauschen.

In der "halber Preis"-Ecke lagen auch viele Condor-Sammelbände. Inhaltlich eher uninteressant, aber mit vielen Originalcover-Motiven der US-Ausgaben, die bei den regulären Reihen von Spinne, Fantastischen Vier und Co. nicht zum Einsatz kamen.

Jedenfalls hatte ich nun die Belege für die geklammerten Hit Comics mit schwarzweißem Inhalt komplett in Einzelblättern und konnte die Originale wieder verkaufen. Die Hefte ab Nr. 60 haben einen geleimten Rücken und lassen sich deshalb nicht unbeschädigt kopieren oder scannen. Am schönsten finde ich übrigens immer noch meine einstige gelochte und vom Tesastreifen gezeichnete Nr. 1. Das Heft wurde oft gelesen und hat wahrlich "gelebt". Und im Vergleich und trotz aller begrüßenswerter Mühe war der Panini-Nachdruck aus dem Spider-Man komplett Schuber nicht wirklich gut gemacht.

Teil 8
Zurück zu Teil 1

Wie alles begann… Knapper Haushalt

Teil 6 - Nebengeschäft
Als Schüler hat man irgendwie mehr Zeit, zumindest gefühlt. Leider stand ich nach der erfolgreichen Mediengestalter-Abschlussprüfung zunächst ohne Job da. Von ein paar Artikeln und Interviews lässt es sich nicht leben. Während der Schulzeit hatte ich mich in einen Rechner eingeklinkt, den ein Mitschüler zum Proxi-Server umfunktionierte. Offiziell gab es kein Internet im Klassenraum. Der Hausmeister steckte uns aber, dass der Dozenten-PC und einer der Rechner immer online waren. Unser Klassen-Crack angelte sich die IP und verschaffte uns Zugang zur Außenwelt.

Alle Seiten mit ssl-Verschlüsselung standen uns nun frei zur Verfügung. Emails liefen deshalb über web.de und noch wichtiger, Ebay war freigeschaltet. Mindestens eine Stunde am Tag betrieb ich einen kleinen "Im- und Export", um das Taschengeld aufzubessern. Denn wie gesagt, ein Budget für Comics war im Haushaltsetat nicht vorgesehen. So kaufte ich beispielsweise eine fast komplette Sammlung der Micky Maus-Bildfolgen, die es bei Ehapa gegen Einsendung der MM-Schnipps und DD-Gutscheine in den 1970er und 80er Jahren gab. Zuhause erstellte ich eine Liste mit Nummer, Auflage und Zustand und hatte binnen zwei Tagen etwa 50 EUR dazuverdient.


Mein Filmfreund rief mich irgendwann zu einer nachtschlafenden Zeit aufgeregt an und wollte unbedingt, dass ich ihm "Monster des Monats" vom Williams Verlag besorge. Ich hatte keinen Schimmer, was das sein sollte, fand über Umwege jedoch zwei komplette Sätze des seltenen Film-Postermagazins. Einen davon verkaufte ich an Buchautor und Sammler John Ballentine in die USA. Eine Aktion mit riesigem Aufwand. Knicksicherer Überformatversand in die Staaten, Bezahlung über Western Union, die an dem Deal vermutlich am meisten verdienten. Letztlich blieben um die 250 EUR Gewinn für mich übrig, weil die in England nicht erschienene Nr. 2 in Topzustand dabei war. Diese hatte die Jahre wohlbehütet zwischen der Nr. 1 mit leichter UV-Bleichung im unteren Bereich des Covers und den Nummern 3-4 überstanden. Die Mutter des ursprünglichen, zum Kaufdatum jugendlichen Käufers hatte ihm verboten, die blutrünstigen Poster mit Motiven aus den Hammer-Filmen in seinem Zimmer aufzuhängen.

Das Geld kam sehr gelegen und finanzierte eine notwendige Autoreparatur, die ich ansonsten nicht hätte durchführen lassen können. Auch die einschlägigen Internetforen waren zugänglich. Manche Sammler veröffentlichten ihre Suchlisten. Darunter teilweise wirklich seltenes, fast schon obskures Material mit Comic-Bezug vom Fanzine bis zum Schulbuch. Als "Stammgast" des Sammlerecke-Kellers fand ich die hintere Ecke mit den Sachen aus Ankäufen, die für die Mitarbeiter nicht zuzuordnen waren deshalb sehr, sehr interessant. Und was kam da für wenig Geld, weil in keinem Katalog gelistet, zum Vorschein: "Hergés Universum" als Reddition Sonderband und Privatbindung, "Bibliographie zur Comic-Sekundärliteratur" von Renate Neumann, "Die kleine geile Reihe", "Action" Nr. 1-2 aus Österreich, weitere frühe Comic-Fanzines, Sammelbände von Williams und dem bsv, die ersten drei Hefte der Comixene, Comics Maker und vieles, vieles mehr. Unter anderen auch ein weiterer Komplettsatz "Monster des Monats". Danke, Jens, der an der Theke immer faire Preise machte, die für beide Seiten passten.


Alles Zeugs, das nicht zum regulären Verkaufsprogramm der Sammlerecke gehörte. Ich hingegen wusste aus den Foren genau, wer was sammelte und hatte dadurch über den Monat ca. 150-200 EUR mehr in der Tasche. Diese gingen dann für meine eigenen, inzwischen globalen, Marvel-Ankäufe drauf. Ein in sich geschlossenes System, das wunderbar funktionierte, ohne dass ich weitere Finanzmittel hinzuschießen musste.

Irgendwann bemerkte ich, dass ich an Texten für das Marvel-Buch seit fünf Jahren arbeitete und bislang keine einzige Seite in Druckform veröffentlicht hatte. Es war kein Land in Sicht, da ich den weiteren Aufwand auf nochmal fünf Jahren einschätzte. Hinzu kam die drohende Arbeitslosigkeit und die Aussicht auf Hartz 4 im Anschluss an die Ausbildung.

Teil 7
Zurück zu Teil 1

Wie alles begann… Ein Buch?

Teil 5 - es läuft…
Die Kontakte mehrten sich. Gerhard Förster gab mir die Telefonnummer von Jörg Winner, welcher einen Spider-Man Artikel für den nicht erschienenen zweiten Krägermann Comic-Preiskatalog verfasst hatte. Und einige meiner Ergüsse, insbesondere die zu Spider-Man/Die Spinne über die Condor-Anfänge und Vergleichsartikel z.B. zum Mehrteiler mit dem "Schemer" (Amazing Spider-Man #83-85), auf Deutsch auch "Tüftler" oder "Intrigo" genannt, vermittelte ich an den ebenfalls sehr (inter-)aktiven Björn Steckmeier. Dieser zeigte sich begeistert und stellte die Sachen online auf seine Marvel-Fanpage.

Dem anfänglich eher skeptischen Jörg schickte ich ebenfalls Material und Texte, die ich nach gründlicher Recherche erstellt hatte. Anders als manch anderer Fan mit verklärtem Blick, wies ich auch auf Fehler und Unstimmigkeiten bei den Williams-Veröffentlichungen hin. Ich traute mich, den "heiligen Gral" anzugreifen und seinen Schattenseiten offenzulegen. Das gefiel ihm. Denn bis dato galt Williams als das Non-plus-ultra.


Nicht, dass ich den Williams Verlag und seine Produkte schlecht machen wollte, im Gegenteil. Nur war einiges doch nicht ganz das Gelbe vom Ei, wie Alle annahmen. Ein weiterer Knackpunkt, der dafür sorgte, dass die Marvel Comics in Deutschland nie genau unter die Lupe genommen worden waren, lag am immensen Ausstoß an Material. Bei acht monatlichen und mehr Titeln in den USA, die teilweise ineinandergriffen oder anderweitig verknüpft waren, blieb es meist bei einer oberflächlichen Betrachtung. Allein die regulären Marvel-Heftserien des Williams Verlags zählten über 500 Ausgaben, und das ohne Sonderbände, Hefte im Großformat (z.B. "Krieg der Sterne" und "Planet der Affen") und Taschenbücher.

Bei einem weiteren Telefonat erwähnte Norbert Hethke, dass Wolfgang J. Fuchs früher mal für den Williams Verlag gearbeitet habe. "Echt jetzt?" schoss es mir durch den Kopf. "Der" Comic-Experte soll in Marvel gemacht haben? Auch hier kam ein Kontakt zustande und ich schickte ihm in etwa denselben Fragenkatalog, den auch Jani Büsing erhalten hatte.

Neben meinen Marvel-Recherchen hatte ich ein anderes, interessantes Projekt am Laufen. In Großbritannien stieß ich auf eine Asterix-Version, die der Kauka-Fassung unter dem Namen "Siggi & Babarras" nicht unähnlich war. Weniger politisch, aber völlig auf das Erscheinungsland umgetextet. Als Einseiter lief "Beric The Briton" in den Jahren 1965-67 in insgesamt 84 fast zeitungsformatigen Heften von "Ranger" und "Look & Learn". Darin enthalten auch "Trigan", gezeichnet von Don Lawrence.


Der Tod dieses Ausnahmekünstlers bot mir die Gelegenheit zu einem zweiseitigen Nachruf in Hethkes Sprechblase-Magazin. Nur wollte ich das Layout und die Bildauswahl selbst gestalten. Es sollte ja gut aussehen und die Grafik der Sprechblase war oft genug suboptimal. Einen mehrseitigen Trigan-Artikel mit dem Aufhänger "30 Jahre Trigan in Deutschland" lieferte ich gleich mit. Leider dauerte es im Gegensatz zum Don Lawrence-Nachruf drei Jahre, bis dieser abgedruckt wurde, so dass der von mir gewählte Titel zum Veröffentlichungszeitpunkt nicht mehr stimmte.


Hethke zahlte gut und prompt. Und wie ich später erfuhr, das doppelte, was er anderen Sprechblase-Autoren bot. Da hatte sich die zeitliche Investition ins Layout gelohnt. Also machte ich zwei weitere Artikel fertig. Einen über "Beric The Briton" und einen über die "Marvel Superband Superhelden". Beides bezahlt, jedoch in der Schublade verschwunden. Bei Asterix wollte Hethke sich absichern und bei der zuständigen Agentur Fuchs nachfragen, ob man das verwendete Bildmaterial veröffentlichen konnte, ohne Repressalien befürchten zu müssen. Eine Rückmeldung erhielt ich bis zu seinem Tod nicht.


Das Hit Comics-Magazin erschien nicht mehr. So kam es, dass ich einen Artikel über Marvels Dracula zum Start bei Panini in Martin Jurgeits anderem Projekt, der Comixene, unterbringen konnte. Zusammen mit meinem Film-Kumpel erhielt ich kurze Zeit später einen Interview-Slot mit Comic-Künstler Enki Bilal, der mit "Immortal" seinen Alexander Nikopol verfilmt hatte. Ich schrieb jetzt also für zwei der größten deutschen Comic-Sekundärmagazine und war im Geschäft angekommen.


Mein Marvel-Projekt lief ebenfalls weiter. Jörg Winner drängte mich, über eine Buchveröffentlichung nachzudenken. Deshalb erstellte ich einen Plan, was in so eine allumfassende "Marvel-Bibel" alles reingehörte. Dadurch hatte ich quasi ein Inhaltsverzeichnis und arbeitete die einzelnen Stationen nach und nach, jedoch nicht unbedingt in chronologischer Reihenfolge, ab. Vieles bestand bereits und musste nur noch aktualisiert und angepasst werden. Anderes war nur lückenhaft oder gar nicht vorhanden. Es entstand ein fetter Leitz-Ordner, prall gefüllt mit Artikeln, die nun zu Kapiteln wurden. Immer begleitet von anschaulichem Bildmaterial, möglichst in Schwarzweiß.

Teil 6
Zurück zu Teil 1