Montag, 28. Januar 2019

Wie alles begann… Kontraste

Teil 8 - Warum eigentlich schwarzweiß?
Hier muss ich zugeben, dass ich nie vorhatte, farbige Abbildungen zu bringen. Inspiriert von den schwarzweißen Thor-Motiven in "Das Große Buch der Comics" von Wolfgang J. Fuchs und Reinhold Reitberger, malte ich mir bildlich im Kopf den Inhalt meiner künftigen "Marvel-Bibel" aus. Die Zeichnungen von Jack Kirby, Gene Colan, John Buscema, John Romita sr., Steve Ditko usw. wirken einfach am besten pur ohne Farbe. Das kommt schon nahe an Originalzeichnungen ran. Deshalb beeindrucken mich die frühen Hit Comics nach wie vor.

Die Marvel Essentials boten oftmals keine wirkliche Alternative. Denn viele Seiten waren nicht optimal eingescannt und wiedergegeben oder stammten von US-Nachdrucken, bei denen Graustufen statt richtigem Schwarzweiß eingesetzt wurden. Auch manche Originaldruckfilmfolien liefen nach unten hin schief. Da hatte wohl der Zahn der Zeit ziemlich genagt. Fasziniert von den niederländischen Hip Comics streckte ich meine Fühler in andere Länder aus. Da gab es z.B. das Marvel Annual von Fleetway aus dem Jahr 1973 und andere, sogar noch frühere UK-Hardcover, in denen die ersten Comics von Hulk, Spider-Man und Konsorten gestochen scharf abgedruckt wurden. Da konnten die Amis mit ihrem minderwertigen Papier und Druck nicht mithalten.


Power Comics, Alan Class, das sah richtig gut aus. Wobei die einen durchscheinendes Papier und die anderen, nennen wir es eine Art schmutzigen "Vintage-Druck" hatten. Beides nicht optimal, aber dennoch ziemlich beeindruckend. Teilweise wurde auch der Text angepasst, wenn die Personen wie z.B. Rick Jones zu sehr dem US-Slang verfielen. Die Briten korrigierten die Schreibweise nach strengem Oxford-Standard. Newton in Australien präsentierte seine Marvel Comics ebenfalls grenzwertig. Richtig gut, aber sauschwer zu bekommen waren die dänischen Marvels von Interpresse. Dort erschienen u.a. das vom bsv ausgelassene Daredevil #58 und das erste Daredevil Annual in wunderschönem Schwarzweiß. Zweiteres leider verteilt über vier Ausgaben als Fortsetzungsgeschichte plus Marvel-Pin Up in der Folgenummer.

Für meine geplanten Buchabbildungen brauchte ich genau solches Material. Ein reines Lesewerk wie "Tales To Astonish - Jack Kirby, Stan Lee And The Revolution Of Comics" von Ronin Ro kam keinesfalls in Frage. Das Buch kann ich zwar Jedem wärmstens empfehlen, aber es enthält leider keinerlei Abbildungen, welche die Story veranschaulichen würden. Ich sammelte und scannte jeden schwarzweißen Marvel-Schnipsel, den ich auftreiben konnte. Besonders mochte ich es, wenn die Figuren bereits freigestellt ohne Hintergrund abgedruckt worden waren, wie in vielen Fanzines.


Während meine Schulzeit sich dem Ende neigte, machte sich ein wenig Frust breit. Einerseits war ein Ende des Buchprojekts nicht abzusehen, andererseits konnte ich jobmäßig nirgends Fuß fassen. Zwar erklomm ich stets erste Hürden und wurde zu Vorstellungsgesprächen und Probearbeitstagen eingeladen, hatte aber das Nachsehen, wenn es um die geforderte Berufserfahrung im Grafik-Bereich ging. Der Verleger eines Motorrad-Magazins zog statt mir eine Dame mit zehn Jahren Grafik-Erfahrung vor, ein Apotheken-Schaufenster Deko-Betrieb nahm lieber jemand überqualifizierten, der in Berlin Design studiert hatte und eine Agentur, die Kataloge für die Rollladen-Branche erstellte, fand offenbar auch einen besser passenden Mitbewerber.

Wie oft kam ich unter die letzten zwei-drei Bewerber und wurde jedes Mal ausgestochen. Das Heavy-Magazin nahm mich als Nr. 2 von drei in der Endrunde als freien Mitarbeiter, während die ausgeschriebene Festanstellung anderweitig vergeben wurde. Und dank zeitlicher Verfügbarkeit durfte ich kurzfristig bei einer Agentur einen Brillenkatalog setzen, weil eine Grafikerin aus gesundheitlichen Gründen ausfiel.

Zehn Jahre lang hatte man Mediengestalter ausgebildet, weil überall Grafiker fehlten. Ausgerechnet als ich mit der Ausbildung fertig war, stürzte die Branche in ein Tief. Werbeetats wurden gekürzt und unsere Nachfolgeklasse bestand nur noch aus sechs Leuten. Schöne Aussichten! Eine freie Tätigkeit kam für mich nicht in Frage. Auch meine Klassenkameraden setzten nicht unbedingt den eingeschlagenen Weg fort. Der Eine machte in Musik, eine Andere arbeitete anschließend im Reisebüro und einer übernahm den Copy-Shop seiner Mutter. Bei den anderen weiß ich es nicht mehr. Aber nur ganz wenige blieben im grafischen Bereich. Zwei gründeten eine Firma und verlagerten sich auf das Erstellen und Programmieren von Internetseiten und meine Nebensitzerin gestaltete in Selbstständigkeit Webseiten und Flyer für kleinere, lokale Unternehmen. Alles nicht das Gelbe vom Ei.

Mit dem Abschlusszeugnis in der Tasche begann ich zu sinnieren…

Teil 9
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