Sonntag, 22. September 2019

Deutsche Erstveröffentlichung - Der Silver Surfer

Aus heutiger Sicht ist manche Verlagspolitik, aber auch manche Leser-Kaufentscheidung kaum nachzuvollziehen. Die erste Serie des Silver Surfers umfasste achtzehn US-Ausgaben. Die ersten sieben davon hatten einen Story-Anteil von 38-40 Seiten. Dementsprechend waren die Hefte teurer und deshalb kein Verkaufsschlager. Deshalb schwenkte Marvel um und teilte die Storys in zwei Hälften bzw. legte sie auf den normalen Umfang von 20 Seiten für den Rest der Serie an und senkte den Verkaufspreis gleichzeitig um 40%. Dennoch konnte selbst dieser harte Schnitt die Serie nicht vor dem endgültigen Aus retten.

Obwohl der Silver Surfer als Charakter aus den Comics der Fantastic Four hervorging und dort sehr beliebt war, erreichte er seine Popularität und den Kultcharakter erst im Zuge der preislich erschwinglicheren Nachdrucke, die ein paar Jahre später erschienen. In Deutschland erschien der Surfer zunächst als Zweitstory-Held in den Thor-Heften des Williams Verlags. Durch die begrenzte Anzahl an Seiten erschienen die Geschichten oft dreigeteilt, so dass es bei monatlichem Veröffentlichungsmodus meist ein Vierteljahr dauerte, bis das jeweilige Ende erreicht war.


Mit der Einstellung der Thor-Serie wurde der Silver Surfer nicht weitergeführt. Williams kam in Thor Nr. 1-33 bis US-Silver Surfer #11. Die zwölfte Nummer wurde zwar noch angekündigt, konnte aber nicht mehr erscheinen. Trotz weniger minimaler Kürzungen, vernünftiger Übersetzung und schöner Farbgebung hatte der galaktische Surfer mit der Umstellung von Papier, Formaten und verschiedenen Schriftarten zu kämpfen. Ein einheitliches Bild sieht anders aus. Dennoch ist und bleibt der Williams'sche "Silberstürmer" ein tolles Objekt, das seinesgleichen sucht.



Weit weniger Aufmerksamkeit erhielt der Surfer beim Condor Verlag. Dennoch war dies für den geneigten deutschen Leser lange Zeit die einzige Alternative. Und immerhin brachte Condor die nachfolgenden vier US-Ausgaben nach Williams als deutsche Erstveröffentlichung. Der Leser musste sie sich nur zusammensuchen. Marvel Comic-Sonderheft Nr. 4, Spinne Taschenbuch Nr. 8 und Spinne Nr. 15-16 setzten die Serie fort. Außerdem gab es noch einen französischen Einschub und die von Jack Kirby gezeichnete Abschlussnummer in Marvel Comic-Stars Nr. 1, deren Ende allerdings offenblieb.



Panini druckte die ersten fünf Abenteuer anno 1998 in Marvel Klassik Bd. 2 nach. Die Farbgebung entsprach der damaligen US-Masterworks-Reihe und war trotz aller Bemühungen nicht das Gelbe vom Ei. Die viel zu geringe Auflage ließ die Preise auf dem Sammlermarkt rasch in die Höhe schnellen. Ironischerweise war es beim 7. Marvel Klassik-Band genau umgekehrt. Trotz deutscher Erstveröffentlichungen bekam man das Hardcover schon kurz nach Veröffentlichung für Preise deutlich unter dem ursprünglichen VK.

Wie auch immer, Marvel Klassik 2 wurde 2017 bei Hachette mit neuer Übersetzung in gleicher Farbgebung wie 1998 nachgedruckt und erschien preiswert als Classic-Band XIV der Offiziellen Marvel-Comic-Sammlung. Dennoch möchte ich die alten Zeiten nicht missen, in denen es noch schwer war, an Infos und Comics zu kommen. Und bislang hat es auch noch kein deutscher Verlag geschafft, die ultimative Version herauszubringen.