Donnerstag, 7. Februar 2019

Wie alles begann… Tim in Tibet und anderswo

Teil 24 - Die Spürnase
Ein Freak, das bin ich wenn es darum geht, Material aufzuspüren, das sau-selten oder superschwer zu bekommen ist. Aber es muss bezahlbar sein. Suchmaschinen benutze ich auf meine ganz eigene Art, die vermutlich keiner nachvollziehen kann. Auch auf Internetverkaufsplattformen bin ich anders unterwegs als Otto Normalkäufer.

"Monster des Monats" aus der Williams-Schmiede? Abgehakt. "Luther's Grusel Magazin" mit mehrseitigem Stan Lee Interview von 1972/73? Kein Problem. Daredevil #58, vom bsv ausgelassen? Muss ich haben. Marvel Super Heroes #12 und 13 mit der Origin von Captain Marvel? In den USA kaum bezahlbar? Wie wäre es dann z.B. in Kanada? Hulk Pocket Books? Australien. "Iron Man And Sub-Mariner" gab es 1968 als Einzelausgabe zum Ende von Tales Of Suspense und Tales To Astonish, bevor diese in die Einzelserien übergingen? Brauch' ich, krieg' ich. 84 Einzelseiten überformatiger britischer Asterix? Was die Insel nicht bietet, haben die ehemaligen Kolonien Australien und Neuseeland.

Das alles geht natürlich nicht ohne Geduld und Aufwand. Ein Bekannter meiner Schwester wollte unbedingt die ersten zwei Bände einer vergriffenen Carlsen-Reihe. Den Titel weiß ich nicht mehr. Nach spätestens zwei Tagen hatte ich einen Händler gefunden, der die Teile entweder zum Original-Verkaufspreis oder mit minimalem Aufschlag anbot. Auf diesen Bekannten werde ich später nochmal zurückkommen.


Ein schönes Gefühl ist es auch, wenn man etwas Kapital aus solchen Suchaktionen schlagen kann. Im November 2016 ging die Farbfaksimile-Ausgabe von "Tim in Tibet" bei Ebay durch die Decke. Das Ding erschien im Jahr 2011 bei Carlsen und wurde auf irgendeinem Kongress der tibetanischen Botschaft o.ä. verteilt. Das sorgte dafür, dass diese Nummer entweder schwer oder nur sündhaft teuer verfügbar ist. Es konnte nicht angehen, dass ich das Teil nicht kriege. Nicht, dass mich der Inhalt oder der Comic an sich interessierte. Nein, es war der Reiz der Jagd.

Und tatsächlich wurde ich fündig, bei Amazon Frankreich. Eingestellt von Momox (Medimops) ohne Zustandsbeschreibung. 26 EUR auf Verdacht investiert, innerhalb einer Woche knapp 60 EUR Gewinn gemacht. So muss das Laufen. Re-Investiert habe ich dann in Softcover von Marvel Masterworks, weil ich diese inzwischen eingestellte Edition einfach am geilsten finde. Momox hat übrigens von Leipzig aus versendet, obwohl Amazon die Auslandsversandkostenpauschale berechnete.

Der Bekannte meiner Schwester hatte vier Jahre lang beim Dino Verlag bzw. bei Panini gearbeitet und jeden Monat fleißig seine Freiexemplare mit nach Hause genommen. Mit dem Wechsel des Arbeitsplatzes stand auch ein Umzug an, wenn ich es noch recht in Erinnerung habe. Jedenfalls wollte er sämtliche angesammelten Tradepaperbacks, Hardcover und einige Anime-DVDs loswerden. Er bot mir an, dass ich die Ware auf Kommission mitnehmen könne und wir uns den Erlös teilen.

Perfekter Deal. Bis auf Cross Cults "The Walking Dead" war fast alles ungelesen und teilweise noch verschweißt. Manches war bereits verlagsvergriffen gemeldet und ich war durch die Nuff-Sache ohnehin auf nahegelegen Börsen wie Leonberg, Karlsruhe, Stuttgart und Ulm unterwegs. Und Ebay gab es ja auch noch. Eine gefühlte Tonne Ware per Sackkarre in den dritten Stock verfrachtet, brachte mir erstmal Kreuzschmerzen ein.

Auf den Börsen wurde ich dann regelrecht überrannt. Klar, ich hatte ja nichts für die Sachen bezahlt und konnte nach meinem Gutdünken verlangen, was ich wollte. Das Ziel war, möglichst nichts wieder einpacken zu müssen. Was durch großzügige Rabatte auch nahezu funktionierte. Es ist schlimm mitanzusehen, wie die meisten Comic-Händler nach den Börsen ungefähr genauso viel Zeug wieder in ihre Fahrzeuge laden, wie sie am morgen ausgeladen hatten. Das kann doch keinen Spaß machen.

Schlimm sind auch die Begeisterten, die sich nicht im Zaum halten können. Wie bei der Veröffentlichung der FV-Comicseiten im Magazin und dem anschließenden Posting im Panini-Forum, das solche Aktionen zukünftig ausschloss, rannte ein Kunde mit einem verschweißten Hardcover-Band zu Frieder Maiers Stand und verkündete stolz, dass er nur ein Minimum des Preises bezahlt hätte, den die Sammlerecke verlangt. Deutlich hörte ich im Ohrenwinkel, wie Frieder meinte, dass die Ware dann geklaut sein müsse.


Nein, war sie nicht. Obwohl es das im großen Stil tatsächlich gibt. Da wird beispielsweise bei der polnischen oder tschechischen Druckerei gerne Mal eine Palette Ehapa-Alben mehr gedruckt als vom Verlag geordert. Und von den Abläufen zu Modern Graphics-Zeiten, ehe Panini die Notbremse zog und den Vertrieb wechselte, möchte ich gar nicht reden. Viel Material, das vernichtet werden soll, taucht immer wieder auf Umwegen in Sammlerkreisen auf. Vom "nackten" Supergirl-Variant, eigentlich limitiert und nummeriert, haben Intercomic-Tommi und ich mindestens drei oder vier Exemplare ohne Nummer in die USA verscherbelt. Und Ex-Ehapa-Mann Anton kann ein Lied von der Papierfabrik singen, deren Mitarbeiter in den 1980er Jahren massenweiße Alben und Taschenbücher nicht dem Kreislauf der Neupapiergewinnung zuführten.

Teil 25
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