Die Offizielle Marvel-Comic-Sammlung
Band II
Thor - Geschichten aus Asgard
Endlich, Hachette macht das möglich, was Panini in den letzten zwanzig Jahren allein nicht geschafft hat: die kompletten klassischen "Tales Of Asgard" aus der Feder von Stan Lee und Jack Kirby in einem Band in deutscher Sprache zu veröffentlichen.
Bislang war es für die deutschen Leser, Sammler und Fans mühsam, sich durch sämtliche Formate vom HULK-Taschenbuch, bsv-HIT COMICS- oder DIE SPINNE-Williams-Heft, den überformatigen MARVEL COMIC-STARS-Heften bis zu den FANTASTISCHEN VIER- und CONAN-Alben durchzuwühlen und zurechtzufinden. Während manche der 5seitigen Geschichten mehrfach in unterschiedlichen Formaten, unterschiedlicher Übersetzung und Farbgebung abgedruckt wurden, erschienen andere nie oder nur unvollständig. Von den insgesamt 245 Comicseiten fehlten bis vor kurzem noch 43.
Mit dem vorliegenden Band II der "Offiziellen Marvel-Comic-Sammlung" scheint dieses Manko abgestellt. Denn dieser enthält sämtliche "Tales Of Asgard" aus Journey Into Mystery # 97 bis einschließlich Thor # 145 und damit den kompletten Run der klassischen Zusatzserie aus den US-THOR-Heften. Eigentlich ein Fest für jeden Liebhaber und Fan, denkt man.
Streitpunkt ist die Bearbeitung durch Kolorist Matt Milla, welcher für die Farbgebung des 2010 in den USA erschienenen Hardcover-Originalbands bzw. der sechs Nummern umfassenden Heftserie von 2009 zuständig war. Milla hat die Zeichnungen nach heutigen Superhelden-Comic-Maßstäben bearbeitet. Schatten, Lichtreflexe, Unschärfen, Transparenzen und Texturen präsentieren die Storys völlig anders als bisher. Dies wirkt einerseits beeindruckend, andererseits wurden die 1960er Jahre-Zeichnungen dafür nicht angelegt. Während das beim 70er Jahre-Conan von Barry Windsor-Smith (CONAN Chronicles bzw. "Die Abenteuer von Conan"-Hardcover) durchaus eine optische Verbesserung darstellt, scheiden sich bei Kirby die Geister.
Insbesondere die Hauttöne wirken übertrieben unnatürlich. Ein Fan geht deshalb tatsächlich so weit, zu sagen: "In dieser entstellenden Kolorierung betrachte ich die original 'Tales of Asgard' weiterhin als nicht erschienen". Ganz so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Man kann jedoch sehen, dass die Reproduktion des mittlerweile ein halbes Jahrhundert alten Materials nicht ganz einfach ist. Die von Vince Colletta getuschten Seiten und das Original-Lettering von Artie Simek sind im US-Hardcover teilweise sehr krakelig wiedergegeben. Dies dürfte an den unterschiedlichen Quellen (O-Ton Marvel USA: "the best sources available") gepaart mit unzureichender grafischer Bearbeitung durch automatische Programmeinstellungen liegen.
Ob es besser gewesen wäre, auf die "platte" Kolorierung aus den "Marvel Masterworks" zurückzugreifen, ist allerdings fraglich. Diese ist zwar näher am Original, doch die Farben sind auf heutigem Kunstdruckpapier einfach zu grell. Und Vince Collettas Tuschelinien sind noch dünner. Etwas unpassend ist auch das THOR-Cover von Olivier Coipel, Mark Morales und Laura Martin. Für den deutschen Umschlag hätte sich das US-Variant mit dem Motiv des ersten gesammelten "Tales Of Asgard"-Hefts vom Oktober 1968 aus der Feder von Jack Kirby angeboten, das im Innenteil abgedruckt wurde.
Ein Fazit zu ziehen ist schwierig. Einerseits bin ich froh, dass dieses Highlight aus der klassischen Marvel-Ära überhaupt erschienen und endlich an einem Stück auf Deutsch lesbar ist. Andererseits verschwindet das, was Jack Kirbys Zeichnungen ausmacht, hinter der Farbgebung. Wenn Marvel behauptet, die besten Quellen zugrunde gelegt zu haben, bezieht sich das leider immer nur auf die in den USA verfügbaren. Es existieren zum Teil deutlich bessere Reproduktionen der Zeichnungen in Deutschland, Holland, Italien und Kanada, die man hätte nehmen können. Wie dem auch sei, für mich ist mit diesem Band ein Wunschtraum zumindest teilweise in Erfüllung gegangen.
Mehr Info zu "Tales Of Asgard" in Das sagte Nuff! Nr. 4 (Checkliste bzw. Lesereihenfolge), 10 (Kanada) und 11 ("Tal von Asgard" beim bsv und vertauschte/fehlende Seiten bei Condor).
Freitag, 5. Februar 2016
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