Teil 11 - Der Prototyp
Das Single-Dasein insbesondere mit eigener Wohnung hat durchaus seine Vorzüge. Muss ich erwähnen, dass ich etwas mit der zehn Jahre jüngeren Bademeisterin hatte? Neben den Comics gab es schließlich auch noch ein reales Leben. Allerdings haben die meisten Frauen wenig Verständnis für ein solches Hobby. Zumal es bei mir vielleicht ein bisschen größer ist als bei anderen Lesern und Sammlern. Nach einer mehrjährigen festen Beziehung und im Anschluss einigen Monaten Abstand zum weiblichen Volk, ging es richtig los. Da waren die WG-Mitbewohnerin eines guten Freundes, die Freundin einer ehemaligen Arbeitskollegin, ein-zwei flüchtige Bekanntschaften aus Internetforen und eine gute Freundin, mit der ich mich gelegentlich traf. Wir hatten Spaß, ich kochte und wir schauten "Ren & Stimpy".
Leider, wie ich heute sagen muss, verliebte ich mich in die Ex eines Kumpels. Trotz einer schönen gemeinsamen Zeit hatte sie keinerlei Verständnis für mein Buch-Projekt. Auch mit der Aussicht auf Arbeitslosigkeit konnte sie nicht um. Sie machte Schluss und brach mir vorübergehend das Herz. Auch deshalb stürzte ich mich noch tiefer in die Comic-Welt. Ohne die ganzen äußeren Umstände wäre vieles bestimmt nicht so passiert, wie es letztlich geschah.
Das Splashcomics-Forum hatte einige Mitglieder vergrault und wegen eventueller Copyright-Verletzungen bei Abbildungen und bei Streitdiskussionen heftigst zensiert. Beiträge waren plötzlich verschwunden, gelöscht oder unkenntlich gemacht. So machte das keinen Spaß. Eine Abspaltung war im Gange. Wie viele andere zog es auch mich zum Comicguide-Forum, was mindestens zwei Begegnungen zur Folge hatte, die das weitere Schicksal von "Das sagte Nuff!" bestimmen sollten.
Wie gesagt, der schwarzweiße Prototyp der Nr. 1 war fertig. Texte und Bildmaterial lagen ja bereits vor. Nur wurden aus Kapiteln wieder einzelne Artikel. Im Forum hatte ich mehrfach Marlies Gerson positiv erwähnt, die Mitte bis Ende der 1970er Jahre für den Williams Verlag die Texte in die Sprechblasen letterte, Titelbilder stimmig "eingedeutschte" und viele der Monatsvorschauseiten zeichnete. Auch Poster und die Cover der Marvel Superbände stammten von ihr.
Wie es der Zufall wollte, stieß Marlies auf meine Beiträge und nahm Kontakt zu mir auf. Wie geil war das denn? In Absprache letterte sie sämtliche Überschriften für mein Magazin neu. Schade, dass ich eine Standardschriftart in kleiner Größe genommen hatte. So war nicht wirklich viel Platz, aber es reichte für einen Austausch. Damit kam noch mehr Williams-Flair ins Heft. Was ich nun noch brauchte, war Farbe fürs Cover. Ich fragte deshalb auf der Künstlerseite des Forums nach und mit Michael Betz und Gerhard Schlegel meldeten sich gleich zwei Kandidaten, die den Hulk kolorieren wollten.
Zum damaligen Zeitpunkt interessierte ich mich wenig für die deutsche Szene und kannte die bisherigen Arbeiten von Gerhard Schlegel nicht. Deshalb wusste ich auch nicht, was für einen Profi ich mir da geangelt hatte. Michael Betz und sein Bruder hatten eine eigene Internetseite, auf der sie ihre Arbeiten präsentierten. Ziemlich cooles, wildes Zeugs. Darunter auch Superhelden, Wolfswesen und anderes. Das tendierte alles ein bisschen in Richtung Fantasy.
Michaels Arbeit war solide und passte hervorragend. Doch Gerhard Schlegel toppte alles. Er hatte nicht nur die Figur, sondern auch den ganzen Hintergrund eingefärbt. Da ich beides nicht auf die Vorderseite bringen konnte, beschloss ich, Gerhards Arbeit für das Backcover zu verwenden. Geplant hatte ich auf diesem Platz ursprünglich eine Vorschau nach dem Vorbild der italienischen Marvel Comics von Editoriale Corno. Jetzt sah die Nr. 1 von "Das sagte Nuff!" perfekt aus. Doch es stand eine Hürde im Weg, die das Projekt fast zum Scheitern gebracht hätte.
Teil 12
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